Wohin steuert unsere Rente?

Mit dieser Frage befasste sich jetzt die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in Gifhorn. Boris Jülge, Vorsitzender der AfA im Landkreis Gifhorn, hat dazu den AfA-Bezirksvorsitzenden und Bundesvorstandsmitglied Gunther Wachholz als Referenten eingeladen.

Ein knappes Dutzend interessierter Teilnehmer verfolgte Wachholz' Ausführungen und diskutierte im Anschluss lebhaft mit.

Zur Geschichte der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland und ihrer Einführung durch den damaligen Reichskanzler Bismarck im Jahre 1889 zeigte Wachholz einen kurzen Film.

Erkenntnis: „Vorrangig dienten die Gesetze damals zur Stabilisierung der Monarchie, weil der Druck aus der Arbeiterschaft zu groß wurde“, so Wachholz. Damals gab es übrigens jeden Monat nur ein paar Mark und man musste erst mal 70 Jahre alt werden, um überhaupt Rente zu bekommen.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre gesenkt. Und nach Ende des Zweiten Weltkriegs bis Anfang der 90er Jahre gab es schließlich eine Rentenerhöhung nach der anderen. „Bis zur großen Rentenreform 1992, als die Rente von der Bruttolohnentwicklung abgekoppelt wurde“, so Wachholz.

Mit Einführung der Riesterrente zu Beginn des neuen Jahrtausends kam der nächste Einschnitt. Die Bilanz nach 15 Jahren: „Das Rentenniveau wurde um etwa vier Prozent abgesenkt und gleichzeitig fließt sehr viel Geld in die Versicherungskonzerne.“

Und es wurde weiter gedoktert an der Rente: „2004 wurde der Rentenformel eine demographische Komponente hinzugefügt, die zu vielen Nullrunden geführt hat – beachtet man die gleichzeitige Inflation -kommt das einer Rentenkürzung gleich“, so Wachholz.

Und seit 2007 wird das Renteneintrittsalter nun Stück für Stück auf 67 Jahre angehoben.

„Als Gewerkschafter hat uns das natürlich ziemlich auf die Palme gebracht“, erinnerte Wachholz.

Heute erhalten Männer im Schnitt 1019 Euro Rente pro Monat, Frauen durchschnittlich nur 520 Euro. Zum Vergleich: Mit Arbeitslosengeld 2 plus Wohngeld kommt man im Schnitt auf 700 Euro.

Die Politik wünscht sich eine Selbstverpflichtung durch Selbstvorsorge. Gleichzeitig verabschiedeten sich mehrere Berufsgruppen durch die Gründung eigener Rentenversicherungen aus dem Solidarsystem: Juristen, Ärzte, Unternehmer,…

Schwarz zu sehen sei jedoch keine Lösung, sind sich Referent Wachholz und der Gifhorner AfA-Vorsitzende Jülge einig. Denn Vorschläge, um die Rente auch in Zukunft zu sichern, gibt es zur Genüge:

„Ein hoher Produktivitätsgrad der Gesellschaft ist wichtig, wenn statistisch auf einen Arbeitnehmer ein Rentner kommt“, so Wachholz. Außerdem müsste die Beitragsbemessungsgrenze angehoben werden, betonte Jülge. Dem hohen Automatisierungsgrad in der Industrie könnte mit einem Maschinenfaktor in der Rentenformel begegnet werden. Sozialversicherungsbeiträge auf Kapitaleinkünfte könnten zudem das Solidarsystem stärken. 

„Und nicht zuletzt brauchen wir endlich eine Bürgerversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung“, stellte Wachholz fest – und die Diskussionsteilnehmer stimmten zu.